Ereignisreicher Waldspaziergang
Für mich ist der Wald etwas Faszinierendes. Ich könnte stundenlang an einem Ort mitten im Wald sein und den Wald auf mich wirken lassen. Die vielen verschiedenen Geräusche, das Rascheln im Laub, das Rauschen des Windes, das Gezwitscher der Vögel, oder das Quaken der Frösche im Waldweiher. Die unterschiedlichen Gerüche der Bäume, Sträucher, Stauden, Kräuter, Beeren und Blumen. Auch der Sehsinn kommt nicht zu kurz, ein Spiel von Licht und Schatten wird einem geboten. Hundert verschiedene Grün- und Brauntöne leuchten einem entgegen. Ab und zu entdecke ich seltene Blumen, deren Name ich später herauszufinden versuche. Weniger interessant für mich sind Pilze, das hängt wohl damit zusammen, das ich mich auf diesem Gebiet nicht auskenne.
Im vergangenen Sommer (2005) unternahm ich einen Spaziergang dem Waldrand entlang. Schon nach wenigen Schritten vernahm ich ein Rascheln im Laub am Wegrand. Es hörte sich nach kleinen Tieren an, die sich relativ schnell bewegten. Vorsichtig näherte ich mich dieser Stelle und erblickte insgesamt drei Eidechsen. Das eine war ein Männchen, was an seinem smaragdgrün verfärbten Bauch unschwer zu erkennen war. Bei einem weiteren war der Bauch nur ansatzweise verfärbt, beim dritten Tier überhaupt nicht. Letzteres war wohl ein Weibschen, dieses zog sich auch immer wieder unters schützende Blätterdach zurück. Im Tierheim in der Nähe bellten viele Hunde, doch das schien die Eidechsen überhaupt nicht zu stören. Ich war erfreut endlich wieder einmal bei uns Eidechsen zu entdecken. Wenn ich in den letzten zehn Jahren Eidechsen beobachten konnte, war das immer in unserem südlichsten Kanton, dem Tessin. Nachdem ich den Dreien in unserem Wald eine Weile fasziniert zugeschaut hatte, setzte ich meinen Weg dem Waldrand entlang fort.
Etwa auf halbem Wege wurde ich wieder durch ein Rascheln im Gestrüp aufgeschreckt. Diesmal musste es sich aber um ein grösseres Tier handeln, das war mir sofort klar. Mein erster Gedanke war, dass es wohl eine Waldmaus sein werde. Ich bückte mich und suchte eine Lücke im dichten Gestrüp um durch blicken zu können. Da befand ich mich plötzlich Auge in Auge mit einem Hermelin. Das Tier schien ebenso überrascht zu sein wie ich, denn es verharrte eine Weile an Ort und Stelle und starrte mich an. Dann verschwand es nach rechts oben, kam aber gleich wieder zurück, gefolgt von einem zweiten Hermelin. Beide sprangen so an mir vorbei, dass ich ihre Körper in ganzer Länge von der Seite sah, ehe sie links oben verschwanden. Diese Begegnung war für mich noch viel spezieller als diejenige mit den Eidechsen. Denn ich kann mich nicht daran erinnern, jemals Hermeline in freier Natur gesehen zu haben.
Nun fehlte eigentlich nur noch die Sichtung eines Eichhörnchens. An einer Stelle betrachtete ich eine Weile lang aufmerksam Bäume und Gestrüp. Ich hörte immer wieder ein Rascheln, mal da, mal dort. Aber schliesslich merkte ich, dass es sich nur um Vögel handelte. Sie tippelten, wohl auf der Suche nach Nahrung, kreuz und quer durch das Laub. Da ich mich auf diesem Gebiet zu wenig gut auskenne, konnte ich nicht sagen, welcher Art diese Vögel angehörten. Es wäre interessant in diesem Gebiet mehr zu wissen, man könnte die Vögel dann schon anhand der Stimme, der Melodie ihrer Lieder erkennen.
Der Weg führte mich nun vom Wald weg zu einem Bach, den ich auf einer kleinen Brücke überquerte. Auf der anderen Seite folgte ich einem kleinen Nebenbach, dessen Ufer renaturiert worden sind. Auf beiden Seiten wuchsen Pflanzen, die typisch für Bachufer sind. Ich war sehr erfreut, dies zu sehen, und bereute einmal mehr an diesem Tag, ohne Fotoapparat unterwegs zu sein. Denn es waren einige seltene Pflanzen darunter, die mir unbekannt waren und die ich gerne näher bestimmt hätte. Kurz bevor der Feldweg auf einen Kiesweg stiess, entdeckte ich einen Schmetterling. Er hatte sich auf der lilafarbenen Blüte einer Blume niedergelassen, die einen sehr langen Stiel aufwies. Es war eine mir unbekannte Blume, im Gegensatz zum Schmetterling, bei dem es sich um ein Tagpfauenauge handelte.